Ein Jahr nach Hanau
20. Februar 2021
Unsere Rede bei der Gedenkkundgebung in Essen:
Liebe Menschen, und damit möchte ich alle Menschen begrüßen, die diese Worte hören oder lesen.
Ich bin Mitglied der VVN BdA – Der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist*Innen.
Wir sind heute hier, um an den rassistischen Anschlag vor einem Jahr in Hanau zu erinnern und an die neun Menschen zu gedenken, die von einem Rassisten ermordet wurden. Wir gedenken an all die Menschen, die umgebracht wurden, nur weil sie eine Haut- oder Haarfarbe haben, die nicht ins Weltbild dieser rassistischen Mörder passen. Wir gedenken der Menschen, die täglich in Ihren Menschenrechten beschnitten werden.
Als ich hörte, dass ich die Rede heute vor euch allen halten sollte, dachte ich mir als erstes: Warum sollte ich das tun? Ich als privilegierte Person? Als Passdeutscher, weißer, Mann der jeden Tag auch unter Rassist*Innen nicht auffallen würde, wenn er den Mund halten würde?
Ich soll eine Rede halten und erzählen, wie schlimm Rassismus ist und dass wir dringend aktiv gegen Rassismus vorgehen müssen. Ich bin doch gar nicht betroffen und eigentlich sollten doch die Betroffenen zu Wort kommen.
Doch diese terroristische Tat ist nicht nur ein Anschlag auf Einzelne, sondern ein Anschlag auf die Demokratie, ein Anschlag gegen Menschenrechte und somit ein Anschlag gegen uns alle. Darum will ich als Mensch und besonders als Mitglied der VVN- BdA diese Rede halten. Denn wir stehen als Mitglieder der VVN-BdA in der Tradition der Überlebenden der Konzentrationslager und Zuchthäuser, die in der Zeit des Naziregimes nicht geschwiegen und alles riskiert haben.
Heute müssen wir alle, egal ob jung oder alt, den Mund aufmachen, wenn wir Rassismus sehen, wahrnehmen oder hören. Wo Menschen diskriminiert, ausgegrenzt oder gar bedroht werden, dürfen wir nicht schweigen. Gemeinsam mit ihnen müssen wir rassistische Hetze bekämpfen, den alltäglichen und den strukturellen Rassismus, den diese Menschen ständig ausgesetzt sind.
Wir müssen unser Verhalten reflektieren. TAG für TAG. Wir müssen Betroffenen zuhören, mit ihnen reden und nicht wie beispielsweise im WDR nur über sie reden und ihre Aussagen ignorieren.
Wir als Mitglieder der VVN-BdA wissen, wir müssen aus der Vergangenheit lernen. Es ist wichtig die Losung zu beachten „Wehret den Anfängen“.
Esther Bejarano eine Ausschwitz überlebende und Ehrenpräsidentin der VVN-BdA sagt dazu aber, dass wir schon mitten drin sind im Kampf gegen Rassismus das „Wehret den Anfängen“ ist längst überholt. Wir müssen also alle dringend etwas tun.
Die Anschläge des NSU waren nicht Anschläge von drei Einzeltäter*Innen.
Der Anschlag auf einen Regierungspräsidenten der sich für geflüchtete Menschen einsetzte war nicht nur von einem Einzeltäter ausgeübt worden.
Beim Anschlag auf die Synagoge in Halle war nicht nur ein Einzeltäter am Werk.
Der Anschlag in Hanau war nicht nur eine Tat von einem Einzeltäter.
Todeslisten, die Im Internet auf rechten Seiten kursieren, sind nicht von einzelnen verfasst.
Der Angriff auf den früheren Sprecher von „Essen stellt sich quer“ war nicht nur einem Einzeltäter zu zurechnen.
Viele weitere rassistische Anschläge, Morde und Unterdrückungen sind nicht nur von Einzeltätern durchgeführt worden.
Es sind Anschläge, Angriffe und vieles mehr aus einem rassistischen Netzwerk heraus, die durch politische Gruppen, Parteien aber auch sogenannte Bürgerwehren wie beispielsweise in Steele immer wieder befeuert werden.
Extrem Rechte sitzen jetzt schon seit längeren in den Parlamenten. Da stellt sich die Frage:
Wiederholt sich die Geschichte?
Wir erinnern uns heute hier, um zu verändern und um Demokratie zu bewahren. Eine Demokratie der Menschenrechte und nicht eine Welt nur für rechte Menschen.
Esther Bejarano sagt in Ihrer Rede am Tag zum Gedenken an die Opfer des Holocaust:
Wir müssen die Jugend gewinnen
Also wir jungen und Junggebliebenen müssen aktiv werden.
Sie sagt auch: Wir die Jugend sind es nicht Schuld daran, was geschehen ist. Aber wir machen uns schuldig wenn wir nichts von dieser Geschichte wissen wollen und daraus lernen..
Was damals in den Gaskammern sein Ende fand das begann mit Ausgrenzung und Rassismus.
Darum fordern wir als VVN- BdA:
Eine wirkliche Entnazifizierung in allen staatlichen Organisationen.
Die Einhaltung der Menschenrechte auf allen Ebenen.
Den 8.Mai als Antifaschistischen Feiertag. (Petition)
Konsequente Aufklärung von rassistischen Taten und die Unterstützung der Betroffenen und ihrer Familien und nicht den Schutz von Neonazis, die gleichzeitig noch als V-Männer vom Staat bezahlt werden.
Rassismus muss aufgedeckt werden, rassistische Geschichte muss überarbeitet werden, Rassismus muss bestraft werden und das geht nur mit Hilfe der Betroffenen.
Rassismus stoppen jetzt sofort!!!
Alerta, Alerta Antifaschista!!!