Internationaler Frauentag

8. März 2021

Überall auf der Welt feiern Frauen diesen Tag als Kampf für ihre Rechte in einer demokratischen Gesellschaft. Das ist seit 100 Jahren so. Als sich jedoch in den 30iger Jahren des vorigen Jahrhunderts antidemokratische Strukturen breitmachten, versuchten sie an der Seite ihrer Männer auch den aufkommenden Faschismus zu bekämpfen. Als dies leider nicht gelang, stellten sie den Kampf jedoch nicht ein. Auch hier bei uns in Essen gab es viele mutige Frauen, die sich unter Lebensgefahr den Nazis widersetzten.

Anna Teschner wurde 2 x verhaftet, ging in die Emigration, wurde dann nach Deutschland ausgeliefert, war 2 ½ Jahre im Gefängnis und kam dann ins Frauen-KZ Ravensbrück. Auf dem Transport dorthin erfuhr sie, dass ihr Mann hingerichtet worden war. Bis zur Befreiung durchlitt Anna Teschner das Konzentrationslager Ravensbrück.

Sophie Wozniakowski wurde direkt 1933 verhaftet. Nach kurzer Freiheit erneute Verhaftung und wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu 2 ½ Jahren Zuchthaus verurteilt. Anschließend Inhaftierung im KZ Lichtenburg.

Marie Wommer hielt sich nicht an das Verbot mit Kriegsgefangenen zu sprechen und wurde dafür zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt. Wegen dieser Strafe verlor sie zuerst ihre Arbeit bei er Firma Krupp und später die Arbeit als Briefträgerin.

Hanna Ufer wurde bei ihrer Verhaftung dermaßen von der SA geschlagen, dass sie ein bleibendes Hüftleiden und eine schwere Nierenerkrankung erlitt.

Diese Frauen sollten uns ein Vorbild sein, für ihr unerschrockenen Engagement gegen den Faschismus.

Aber ganz besonders gilt heute unsere Erinnerung an die Essenerin Käthe Larsch.

(Foto aus “Lichter in der Finsternis“ von Ernst Schmidt)

Sie wohnte in Essen-Stoppenberg und war Mutter von 4 Kindern. Zusammen mit ihrem Mann klärte sie die Leute bereits vor 1933 über die Ziele des Faschismus auf. Nach der Machtübertragung an die Faschisten ging daher ihr Mann in die Illegalität. Käthe Larsch stellte ihren Widerstand jedoch nicht ein. In ihrer Wohnung fanden weiter illegale Treffen statt und sie stellte auch Flugblätter her, die sie dann in ganz Essen verteilte. Der Gestapo blieb dies nicht verborgen und sie wurde im Mai 1935 verhaftet. Ihre 4 Kinder brachte man „von Amts wegen“ in eine Weisenhaus in Essen-Frohnhausen. Bis zum Kriegsende mussten sie dort bleiben. Ständige Schikanen, erbarmungslose Prügel in einer lieblosen Umgebung für das „dreckige Kommunistenpack.“ Die Torturen endeten erst, als nach der Befreiung vom Faschismus und Entlassung aus dem KZ der Vater seine Kinder wieder abholen konnte.

Käthe Larsch wollte man mit roher Gewalt dazu zwingen, Aussagen vorzunehmen. Da jedoch die spärlichen Aussagen nichts brachten, steigerte dies die Wut der Vernehmungsbeamten. Aus der Gestapo-Akte ist ersichtlich, dass die letzte der vielen Vernehmungen 3 Tage nach ihrer Verhaftung stattfand. Das Protokoll ist mit zittriger Hand von Käthe Larsch unterschrieben. Die fast ununterbrochenen Vernehmungen und Folterungen waren zu viel für die 33-jährige Frau. Völlig zusammengebrochen und geistig verwirrt, wurde sie in die Krankenabteilung des Essener Untersuchungsgefängnisses eingeliefert. Ein Arzt bescheinigte: „Die am 22. Mai 1935 hier eingelieferte Larsch zeigt Erscheinungen von geistiger Verwirrung, Desorientiertheit, Personenverkennung, Zerstörungswut, Schlaflosigkeit, starke Unruhe. Sie bedarf einer Verwahung in einer geschlossenen Nervenklinik. Am 27. Mai erfolgte die Überweisung in die Heil- und Pflegeanstalt Grafenberg. Aber selbst dort versuchte man der verwirrten Frau noch Fragen zu stellen, die im Zusammenhang mit ihrer Verhaftung standen. Unter dem Datum 29. Mai 1935 wird festgehalten: sehr blasse Gesichtsfarbe, Atmung und Puls fliegend und unregelmäßig, setzt zeitweilig aus. Temperatur über 42 Grad. Bekam 2 Einspritzungen. Um 5 Uhr an Herz- schlag gestorben. Ob die Spritzen den Tod herbeiführten konnte man nach dem Krieg nicht mehr klären, aber in Grafenberg gab es viele dieser Fälle (Die Akte Larsch fand man nach dem Krieg in Grafenberg)

Dies ist das Schicksal einer Frau im Faschismus, das sich hier in Essen zugetragen hat. Aber leider nimmt die Geschichte einen weiteren unrühmlichen Verlauf. Im Neubaugebiet „Grüne Mitte Essen“ in der Nähe des Berliner Platz sollte eine kleine Straße nach Käthe Larsch genannt werden. Ein Mitglied der “Grünen“ hatte den Vorschlag in die Bezirksvertretung eingebracht. CDU, FDP und Bürgerbündnis protestierten heftig dagegen, eine Straße nach einer Kommunistin zu benennen. Auch die Funke Medien Gruppe in Essen beteiligte sich mit diffamierenden Äußerungen über Käthe Larsch. Mit der Mehrheit von Grünen, SPD und Linken wurde der Namensvorschlag durchgesetzt. Was jedoch beschämend ist, dass das Altenheim der GSE, das zur AWO-Organisation gehört, und nach dem SPD- Ratsherr Peter Reise benannt ist, auf keinen Fall die Adressanschrift einer Kommunistin haben durfte. So ergibt sich das ungewöhnliche Konstrukt an diese kleinen Straße: auf der einen Straßenseite Käthe-Larsch-Str. und auf der anderen Straßenseite das Schild Friedrich-Ebert-Straße.

Wie viele Nazigrößen sind in unserer Bundesrepublik Deutschland nach dem Krieg zu Amt und Würden gekommen? Und heute noch gibt es in unserem Land und leider auch in unserer Stadt Ewiggestrige, die dem Weltbild der Nazis anhängen. Danach sollen Frauen heute noch auf eine rückwärtsgewandte Rolle festgelegt werden. Sie sollen sich lediglich auf die Versorgung der Familie und die Versorgung der Kinder, die vor allem deutschstämmig sein sollen, beschränken. Wenn wir heute zum Internationalen Frauentag an solche mutigen Frauen erinnern, dann deshalb, weil sie unsere Leitbilder, unsere Vorbilder sind. Weil sie Widerstand geleistet haben für eine Welt ohne Krieg und für die Gleichberechtigung. Sie leisteten Widerstand in einer Zeit, in der sie alles riskiert haben, sogar ihr Leben. Dass es nie wieder soweit kommt, dafür stehen wir heute ein. Nicht wegzuschauen und das rechtzeitig, wenn Unrecht nicht nur einzelne Menschenleben zerstört, sondern auch Einfluss auf die gesamte Menschheit hat. Wir Frauen setzen uns heute für unsere grundgesetzlich verankerten Rechte ein. Paragraph 3 unseres Grundgesetzes;

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Und dafür kämpfen wir! Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!