Gedenken geht anders!

25. April 2021

So sieht Gedenken an die Opfer des Faschismus in Essen aus – Nicht wirklich oder?

Ende April 2021 erhielten wir von sehr aufmerksamen Antifaschist*innen der Antifa Essen einige Fotos wie zurzeit die Gedenkstätte „Schwarze Poth“ in Essen für Menschen sichtbar und zugänglich ist.


Der Ort Schwarze Poth wird auch als „Stadtwunde“ bezeichnet. denn es war ein Außenlager des KZ Buchenwald mitten in der Innenstadt und zeigt, dass die bestialischen Aktivitäten der Faschist*innen nicht versteckt stattgefunden haben.

Das ehemaligen KZ Außenlagers „Schwarze Poth 13“ war ein Nebenlager des KZ Buchenwald. Mitte Dezember 1943 erfolgte der Aufbau durch Häftlinge, die bis zur Fertigstellung notdürftig an der zentralen Polizeiwache untergebracht waren. Im fertiggestellten Lager waren 141 Männer untergebracht, vor allem aus Russland und Polen, aber auch aus Frankreich, Belgien, Dänemark, Luxemburg und wenige aus Deutschland. Arbeitgeber war der SS-eigene Betrieb „Deutsche Erd-und Steinwerke“, der auch in Düsseldorf, Köln und Dortmund Zwangsarbeiterlager unterhielt.

Wir als VVN-BdA Essen sind schon lange sehr sauer und enttäuscht davon, dass diese Gedenkstätte sehr versteckt in der Essener Innenstadt liegt. Wir fordern, das eine solche Gedenkstätte viel mehr in die Öffentlichkeit gerückt wird. Zusätzlich verstehen wir nicht, wie solche Bilder entstehen können. Gegenwärtig wird der Zugang zur Gedenkstätte mit Baustellenfahrzeugen völlig zugeparkt. Wir fragen uns, wie wichtig der Stadt, dem Bauunternehmen, den Menschen in Essen solche Gedenkstätten sind und fordern Stellungnahmen der zuständigen Stellen.

Besonders kurz vor dem 8.Mai, der Tag der Befreiung vom Faschismus, der bis heute in Deutschland immer noch kein offizieller Feiertag ist, muss den Menschen der Weg zur Gedenkstätte und das Gedenken ermöglicht werden.
Wir werden dazu nicht schweigen und hoffen, dass viele einzelne Menschen, Gruppen und Organisationen uns genau jetzt dabei unterstützen, dass dieses Gedenken an die vielen Opfer des Faschismus in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit gerückt wird.

Kurz und knapp noch genauere Infos zum KZ Außenlager „Schwarze Poth 13“:

Am heutigen Porscheplatz mitten in der Innenstadt oberhalb der Gedenkstätte befanden sich vor dem Krieg mehrere Straßen mit vielen bebauten Flächen. Der Betrieb des KZ-Lagers spielte sich unübersehbar unter den Augen von hunderttausend Essener Bürgern und Bürgerinnen ab, die sehen konnten, wenn sie wollten. Die jedoch, wie auch bei den Novemberpogromen, meistens untätig blieben.

Die Häftlinge wurden gezwungen, schwere und gefährliche Zwangsarbeit zu leisten, wie etwa Aufräumarbeiten in der durch alliierte Bombardements weitgehend zerstörten Stadt, die Wiedergewinnung von Baumaterialien und das Entfernen von Bombenblindgängern. Die Errichtung des Lagers wurde vermutlich von der Stadt Essen selbst initiiert, da die deutschen Männer im Krieg waren und die SS profitierte daran, da die gewonnen Baustoffe zum marktüblichen Preis an die Stadt Essen verkauft wurden.

Die Lebensbedingungen im Lager waren äußerst schlecht. Täglich musste etwa 10-12 Stunden gearbeitet werden, schwere Schuttberge beseitigt, Ziegel geputzt oder Fliegerbomben entschärft werden.Dabei waren die Häftlinge ständig von polizeilicher Bewachung umgeben. Neben einer unzureichenden Nahrungsmittelversorgung, die im wesentlichen aus Brot und dünner Suppe bestand, wurden die Abwehrkräfte der Häftlinge durch katastrophale hygienische Zustände, eine schlechte medizinische Versorgung und eine ungenügende Unterkunft auf die Probe gestellt. In der Folge entwickelten sich mehrfach Ruhrepidemien. Es fand ein weitgehender Verzicht auf Körperstrafen statt, da es der Öffentlichkeit nicht zuzumuten war, dies mit anzusehen.

Aufgelöst wurde das Lager am 23.03.1945 und alle Häftlinge kamen zurück in das KZ Buchenwald. Dort verliert sich ihre Spur. (Anfang April 1945 standen bereits die Amerikaner vor der Stadt)

Mindestens 7 Häftlinge erlebten die Befreiung nicht mehr. Sie starben, dem offiziellen Totenschein nach, an „Herzschwäche“, meist ein Tarnwort für einen anderen Todesumstand. Wie viele außerdem danach noch auf den Todesmärschen zu Tode kamen, ist unbekannt.

Neben der „Schwarze Poth“ gab es noch zwei weitere KZ-Nebenlager Buchenwalds in Essen. Zum einen das Lager „Humboldtstraße“, wo 520 jüdische Frauen aus Ungarn für Krupp kriegswichtige Schwerstarbeit leisten mussten und einen Standort einer SS-Baubrigade mit 60 Häftlingen.

Die juristische Aufarbeitung verlief auf typische Weise. Es wurden keine Ermittlungen angestrebt und man erhob keine Anklage und somit blieb das Personal straffrei. Ebenfalls Entschädigungsleistungen dürften vermutlich keine oder nur in geringer Zahl und in entwürdigender Höhe ausbezahlt worden sein.