AntiRassistischer Block beim KlimaStreik 24.09.2021

25. September 2021

Im Anschluss an die Kundgebung von FFF zum globalen Krimastreik hat eine Anschlusskundgebung stattgefunden, die von verschiedenen Essener Organisationen organisiert wurde. Unter den Organisationen waren insbesondere der VVN BdA Essen, das Antirassismus-Telefon Essen, AGR Essen und andere antifaschistische Gruppierungen. Es waren etwa 100 Personen, die von der Grünen Mitte Essen bis zum Willi-Brandt-Platz gezogen sind.

Unten ist der Redebeitrag des VVN aufgeführt:

Herzlich Willkommen zum AntiRassistischen/AntiFaschistischen Block des Globalen Klima-Streiks.

Ich bin Lucas und ich spreche hier für den VVN BdA Essen.

Als ich gefragt wurde, ob ich eine Redebeitrag für diese Kundgebung vorbereiten kann, habe ich überlegt, wie ich anfangen kann.

Ich habe mich entschieden mit dem Thema Konservatismus einzusteigen, weil der Konservatismus aus meiner Sicht die Themen Umwelt- und Klima-Schutz auf der einen Seite sowie Anti-Rassismus und Anti-Faschismus auf der anderen Seite verbindet und sich damit außerdem ein Ausblick auf die Bundestagswahl zeichnen läßt.

Laut der Definition der Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb) ist Konservatismus „eine politische Weltanschauung, die die Stärken der Tradition hervorhebt, die herrschende Politische Ordnung bewahrt bzw. stärkt und die vorgegebene Verteilung von Macht und Reichtum vor Kritik schützt.“

Es wird in der Beschreibung der bpb weiter ausgeführt, dass der politische Konservatismus antimodernen Ursprungs ist und dass er durch die historischen Epochen immer den Gegenpol zu gesellschaftlichen Veränderungen dargestellt hat. Angefangen bei der Aufklärung und den damit verbundenen Prinzipien von Vernunft ud Kritik, über die Forderung nach Gleichheit während der Französischen Revolution bis hin zu dem Verbot der Arbeiterbewegung in Deutschland durch Otto von Bismark.

Ich gehe hier soweit zu behaupten, dass bis heute durch politisch-konservative Bestrebungen nötige Veränderungen verzögert werden.

Veränderungen, die schon lange überfällig sind.

Wir können nur hoffen, dass die nötigen Veränderungen im Hinblick auf den Umwelt- und Klima-Schutz noch rechtzeigtig umgesetzt werden und wir die konservativen Blockaden überwinden können. Denn sollten wir das nicht schaffen, werden die Konsequenzen katastrophal sein.

Die Bundestagswahl kann dafür allerdings nur ein kleiner Schritt sein.

Aus meiner Sicht müssen die Grundannahmen unsere (insbesondere) westlichen Gesellschaft mindestens Kapitalismus-kritisch überdacht werden.

Denn durch den kapitalistischen Fokus auf dem unsere Gesellschaft aufbaut, ist es soweit gekommen,

  • dass wir auf der einen Seite durch Jahrhunderte der Kolonialisierung und Ausbeutung ein derartiges Wohlstandsgefälle in unserer Welt aufgebaut haben, dass sich nur durch Zäune und Waffen und das daraus resultierende Leid aufrecht erhalten lässt.
  • dass wir mit kommerziellen Argumenten und Arbeitsplätzen versuchen zu rechtfertigen, dass wir viert größter Waffenexporteur der Welt sind (Stand 2020) und damit weiterhin Elend und Tod in diese Welt exportieren. Und somit kommerzielle Werte höher als moralische Werte gewichten.
  • dass wir in einer Gesellschaft voller kommerziellem Überfluss Menschen unnötigerweise leiden lassen, weil wir auch Menschen nach ihrem kommerziellen Nutzen bewerten.

Und nebenbei haben wir auch noch die natürlichen Ressourcen unseres Planeten soweit ausgebeutet, dass wir errechnen können, wann diese Ressourcen aufgebraucht sind.

Bis wir diesen Punkt erreichen werden, werden sich die Krisen auf diesem Planeten kontinuierlich verschärfen.

Nach dem bisherigen Ansatz werden wir diese Krisen – wie bisher immer – beantworten, indem wir uns weiter in unserer Festung einzäunen und unseren Wohlstand mit allen Mitteln verteidigen. Koste es was es wolle.

Ich möchte an dieser Stelle aus aktuellem Anlass auf die Situation an der europäischen Außengrenze zwischen Polen und Weißrussland aufmerksam machen. Weil die Situation dort leider viel zu wenig Aufmerksamkeit erfährt.

Dort hat seit etwa einem Monat die polnische Regierung eine Sperrzone eingerichtet, in die weder ortsfremde Menschen noch Journalisten Zugang haben.

Hintergrund ist, dass aktuell hilfebedürftige Menschen über die Weißrussische Grenze kommen, die in Europa um Asyl bitten möchten. Trotz unsicherer Informationslage ist bekannt, dass sich aktuell eine Menschengruppe von etwa 30 Personen in dieser Sperrzone befindet. Die Gruppe wird sowohl auf weißrussischer Seite als auch auf polnischer/europäischer Seite von Soldaten daran gehindert einzureisen.

Mittlerweile sind vier Leichen gefunden worden von Menschen, die aufgrund dieser Situation an Erschöpfung gestorben sind.

Das ist nur ein weiteres Beispiel von Menschenrechts-Verletzungen die von Europa begangen werden, mit dem einzigen Ziel unseren Wohlstand zu bewahren.

Wo bleibt der Aufschrei, warum wird niemand zur Verantwortung gezogen?

Diese Situation scheint sich soweit normalisiert zu haben, dass diese Nachricht neben den Bundesliga Ergebnissen vom Wochenende einfach über lesen wird.

Es ist unerträglich, dass wir kommerziellen Interessen einen höheren Stellenwert geben als moralischen. Kein Geld der Welt kann die Wertigkeit von Menschen oder Leid aufwiegen oder beziffern, das ist ein grundlegendes moralisches Grundverständnis, dass wir anscheinend verloren haben.

Ich habe diesen Redebeitrag bewußt in der „Wir“-Form geschrieben, denn ich bin ein weißer Mann, der zufällig in Europa geboren wurde.

Damit trage ich Privilegien, die allein aus den beschriebenen Zuständen resultieren und absolut unberechtigt sind. Aufgrund der Privilegien trage ich auch Verantwortung!

Ich trage Verantwortung, dass sich etwas ändert.

Es ist an der Zeit umzudenken. Es ist an der Zeit die konservativen / erhaltenden Bestrebungen zu überwinden und endlich den Fokus zu wechseln.

Der bisherige Fokus auf Rendite / Gewinnmargen / Aktienkurse muss abgelöst werden von einem Fokus auf Nachhaltigkeit, Chancengleichheit, Gleichberechtigung und Vermeidung von menschlichem Leid.

Ich möchte außerdem noch meine Freude zum Ausdruck bringen, dass Ihr heute hier seid.

Denn für die notwendigen Veränderungen braucht es Engagement.

Die liberale Demokratie funktioniert nur durch Partizipation. Dafür reicht es nicht alle paar Jahre ein Kreuz auf dem Wahlzettel zu machen, es ist wichtig sich mit den Probleme unserer Gesellschaft auseinander zu setzen und für seine Überzeugungen einzustehen.

Und wie die Geschichte gezeigt hat, mussten Erneuerungen und Veränderungen immer gegen konservative erhaltende Kräfte erkämpft werden.

In diesem Sinne:

  • bleibt kritisch
  • steht für Eure Überzeugungen ein
  • und lasst uns für eine besser Gesellschaft laut sein!!!