Nein zum neuen Versammungsgesetz

18. April 2021

Versammlungsrecht gegen die Demokratie nützt den Rechten

In der Gesellschaft, in der mächtige Superreiche einer Mehrheit weniger oder gar nicht Bevorteilter gegenüberstehen, früher sprach man vom Gegensatz von Kapital und Arbeit, in einer solchen Gesellschaft arbeiten die Inhaber*innen von Macht an der Stabilisierung ihrer Privilegien und ihrer Vormachtstellung . Sie taten das in der Nachkriegszeit unter anderem mit der Behinderung der Friedensbewegung, als es um die Wiederbewaffnung ging. Damals traf eine Polizeikugel den Friedensdemonstranten Phillipp Müller während der Essener Friedenskarawane.

Für die Einschränkung demokratischer Rechte haben die Herrschenden im Versammlungsrecht ein probates Mittel, da es ein Instrument dafür darstellt, Widerstand zu kontrollieren, zu begrenzen und zu kriminalisieren. Versammlungsgesetze können dafür dienen, die Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 2 GG demokratisch legitimiert einzuschränken. Seit 2006 lagerte der Bund das Versammlungsrecht in die Kompetenz der Bundesländer aus.

Zum Berliner Gesetzgebungsprozess schrieb der Republikanische Anwaltsverein: „Die Versammlungsfreiheit ist – neben der Meinungsfreiheit – eines der wichtigsten politischen Grundrechte, das für den politischen Meinungskampf, die gesellschaftliche Teilhabe und die Sicherstellung von demokratischen Grundsätzen von zentraler Bedeutung ist. Vor diesem Hintergrund enttäuscht der vorgelegte Gesetzesentwurf bürger*innenrechtliche Erwartungen.

Die Versammlungsbehörde soll immer noch Teil der Polizei sein, Polizeirecht soll auf Versammlungen anwendbar sein, die polizeiliche Anwesenheit in den Demonstrationen soll erlaubt sein; nach wie vor müssen Versammlungen angemeldet werden.“ (1)

Das erste Versammlungsrecht auf Länderebene führt schon 2008 zu einer Klage von Gewerkschaften beim Bundesverfassungsgericht, die teilweise von Erfolg gekrönt war. „Die Beschwerdeführer rügen einen versammlungsfeindlichen Charakter des Gesetzes als Ganzes sowie seiner Regelungen im Einzelnen. Die Vorschriften führten zu bürokratischer Gängelei und Kontrolle der Bürger, die von der Wahrnehmung der Versammlungsfreiheit abschreckten.“ (ebenda)

Die gefährlichen Wirkungen der Einschränkung der Demokratie werden aktuell in Nordrhein-Westfalen deutlich, wo sich ein neues Versammlungsrecht im gesetzgeberischen Prozess befindet. (2)

Schlimme Erfahrungen mit der Zerstörung der Demokratie und mit massiven Verletzungen der Menschenrechte gerade – aber nicht nur – in unserem Land sind für uns ein Grund, uns gegen die Beschneidung demokratischer Rechte zu stellen.

Die Verschärfung und Aushöhlung des Versammlungsrechtes spielt rechten Kräften in die Hände, die wie einst einen autoritären Law&Order-Staat anstreben.

Wenn NRW-Innenminister Reul das Gesetzespaket als Mittel gegen Umtriebe von rechts rechtfertigt, ist das zynisch. (3)

Undemokratische Schritte hier der Landesregierung NRW bahnen den Rechten den Weg, anstatt ihnen entschlossen entgegenzutreten.

Der Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll warnte vor 53 Jahren auf einer Demonstration unter dem Motto „Kampf dem Notstandsstaat!“ vor dem Missbrauch undemokratischer Gesetze – wie der Notstandsgesetze – durch eine rechte Regierung. Die Geschichte Deutschlands ruft unsere Verantwortung heraus, hierbei den Anfängen zu wehren. (4)

Der Widerstand gegen undemokratische Entwicklungen, veranlasst Inhaber*innen von Macht unter anderem dazu, dass Sicherheitsorganen demokratische Versammlungen so behandeln, als ginge von ihnen eine Gefährdung für die demokratische Kultur aus.

Wer eine demokratische Versammlung anmeldet, dem werden weitgehende Sicherheitsverpflichtungen auferlegt, es drohen sogar Freiheits- und Geldstrafen, Ordner*innen und einfache Teilnehmer*innen müssen mit Konsequenzen rechnen, Video- Aufzeichnung der Versammlung erwecken den Eindruck eines Generalverdachts, und sie steigern die Gefahr der Willkür, zumal die Vorschriften im Gesetzespaket viel Interpretationsraum lassen. Wenn sich gegenüber dem Anmeldezeitpunkt Veränderungen ergeben, die im Kooperationsgespräch mit der Polizei noch nicht absehbar gewesen waren, drohenden Anmeldenden nach §27 Strafen von bis zu einem halben Jahr oder Strafzahlungen.

Der Gummiparagraph (§) 27 regelt, dass die Polizei e einschreiten kann, wenn sich jemand ihrem Eindruck nach ‚aggressiv oder provokativ‘ verhält. Rechten Polizei-Chat-Gruppen und andere bedenkliche Strukturen in einigen Polizeibehörden offenbaren, welche Gefahr hier im Raum steht.

§7 des Gesetzespakets sieht vor, dass niemand eine nicht verbotene Versammlung stören darf. Dieses Störungsverbot kriminalisiert den Protest gegen Rechts, gegen Rassismus, gegen Nazis.

§ 18 besagt unter dem Stichwort ‚Militanzverbot‘, es „ist verboten, eine …Versammlung unter freiem … Himmel zu veranstalten, zu leiten oder an ihr teilzunehmen, wenn diese infolge des äußeren Erscheinungsbildes 1.durch das Tragen von … uniformähnlichen Kleidungsstücken, 2. durch ein paramilitärisches Auftreten oder 3. in vergleichbarer Weise … einschüchternd wirkt.“ Auch hier ist ein enormer und dadurch besonders gefährlicher Ermessensspielraum für Sicherheitskräfte gegeben. Als uniformähnlich können auch einheitliche Streik-T-Shirts von Gewerkschaftlern bei Streiks gelten.

Der gefährlich schwammige Ermessenspielraum gilt auch dafür, dass Personen nach § 14 im Vorfeld demokratischer Versammlungen von der Teilnahme ausgeschlossen werden, wenn die Behörde Umstände sieht, nach denen diese Person die öffentliche Sicherheit gefährdet.

Wir wissen, dass der Schoß der rechten Gefahr immer noch fruchtbar ist und sagen zu derartigen Gesetzes-Neuerungen: Wehret den Anfängen! Der Widerstand gegen diese Entwicklungen mit Demonstrationen und Aufklärungsveranstaltungen steckt noch in den Kinderschuhen. Die Gewerkschaften spielen bei der Mobilisierung eine zentrale Rolle, da beispielsweise, wie hier aufgezeigt, auch Streik-Aktionen leicht ebenfalls durch gesetzlich beschlossene Repression behindert und kriminalisiert werden können.

(1) https://www.rav.de/publikationen/mitteilungen/mitteilung/erklaerung-des-rav-der-vdj-und-des-grundrechtekomitees-zum-gesetzentwurf-fuer-ein-berliner-versammlungsfreiheitsgesetz/28f4c866c74be22e6b284b31563c8116/

(2) https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-12423.pdf

(3) https://www.jungewelt.de/artikel/395269.grundrechtseinschr%C3%A4nkung-frontalangriff-auf-versammlungsfreiheit.html

(4) https://www.vsa-verlag.de/uploads/media/VSA_Deppe_ua_Notstand_der_Demokratie.pdf

nächste Veranstaltung im Mai – 20 Jahre Essen stellt sich quer

16. April 2021

Weitere Infos findet ihr bei ESSQ auf der Internetseite

11.04.2021 Essen ist befreit!

11. April 2021

Essener HBF am 11. April 1945. Straßenbahn und Züge fahren nicht mehr

Am 8. April 1945 fahren zum letzten Mal Straßenbahnen auf den noch erhaltenen Strecken Bredeney-Alfredusbad, Steele-Heisinger Str., Rellinghausen-Zeche Ludwig. Alles Strecken im Essener Süden, die nicht so stark von Bomben getroffen wurden. Hier jedoch ein Bild vom völlig zerbombten Hauptbahnhof vom 11. April 1945. Jetzt fahren in ganz Essen keine Straßenbahnen und auch keine Züge mehr. Die Infrastruktur einer Grpßstadt ist zum Erliegen gekommen.

(Auszüge aus „Essen Stunde Null“ von Hans G. Kösters)

Antifaschismus lässt sich nicht stoppen! 8.Mai muss Feiertag werden!

9. April 2021

Mit Holzbohlen und Drahtzäunen gegen amerikanische Panzer. Sperre an der Rüttenscheider Brücke (rechts Girardethaus)

Am 7. April 1945 haben amerikanische Truppen von Norden kommend die Essener Stadtgrenze überquert. Überall in der Stadt waren Panzersperren errichtet worden. So auch hier im Süden von Essen auf der Rüttenscheider Brücke. Gegen Abend des 10. Aprils 1945 erreichten dann die ersten US-Soldaten die Innenstadt.

Einer der wenigen hochrangigen Amtsträger der Nazis, der nicht geflohen ist, war Oberbürgermeister Dillgardt. Formlos wird die Stadt übergeben und Hitler-Anhänger Dillgardt kommt später in ein Internierungslager. Am 11. April 1945 ziehen die US-Truppen dann über Rüttenscheid, Bredeney und über die Meisenburgstraße nach Kettwig vor. Die Essener waren endlich von den Nazis befreit und der Krieg vorbei.

(Auszüge aus „Essen Stunde Null“ von Hans G. Kösters)

Feiert mit uns den Tag der Befreiung am 8.Mai in Essen.
ab 14 Uhr Essen Kennedyplatz – Essen
Denn Tag der Befreiung heißt Feiertag!

Essen ist schon fast befreit

8. April 2021

Essener Straße in Stoppenberg am 8. April 1945. Soldaten der 79. Panzerdivision rücken gegen die Innenstadt vor. Links hinter dem Doppelhaus die St. Nikolaus-Kirche

Es ist die Nacht zum 7. April 1945. Die Amerikaner sind mit ersten Einheiten nahe der Emscherstraße über eine Behelfsbrücke in Essen-Altenessen eingedrungen.

Amerikanische Fallschirmjäger dringen in den frühen Morgenstunden bis zum Kaiserpark vor. Nach heftigen Gefechten dringen die US-Soldaten bis zur Strecke der Köln-Mindener Bahn vor. In Essen-Stoppenberg auf dem Hallo-Berg ist eine Kampfgruppe der deutschen Wehrmacht stationiert. Nachdem diese wiederholt mit Artilleriefeuer beschossen wurden, sehen sie die ersten Amerikaner vorrücken.

Der deutsche Kommandant sieht, wie sein deutschen Soldaten nicht den Kampf sondern die Sicherheit wählen. Sie tauchen in den umliegenden Kellern unter und ergeben sich später.

Die Amerikaner rücken am 8. April 1945 gegen die Innenstadt vor.

(Auszüge aus „Essen Stunde Null“ von Hans G. Kösters)

kurz vor dem 8.Mai 1945 – Bis zum letzten Atemzug

7. April 2021

Am 25. und 26. März 1945 bricht die US-Armee aus ihrem Brückenkopf in Dinslaken aus und marschiert Richtung Essen. In Essen selbst ist an diesem Tag alles ruhig. Gerüchte gehen um. Es soll neue Wunderwaffen geben. Im Bredeneyer Bunker, Zufluchtsort höherer Parteiführer, wird dieses Plakat hergestellt und am gleichen Tag in Essen angebracht. Außerdem sprengen zurückziehende Truppen die Kanalbrücke in Essen-Dellwig und im Hafengelände gehen deutsche Fallschirmjäger und Volkssturmeinheiten in Stellung. Ein letztes Aufgebot.

2 Tage später sind die Amerikaner nur noch 10 Kilometer von der Stadtgrenze entfernt und Fritz Schlessmann, der stellv. Gauleiter von Essen, der das Plakat unterzeichnet hat, richtet sich unter falschem Namen eine Fluchtwohnung ein.

Am 8. April 1945 rücken amerikanische Soldaten von Essen-Stoppenberg kommend gegen die Innenstadt vor.

(Auszüge aus „Essen Stunde Null“ von Hans G. Kösters)

nächste Veranstaltung im April – 20 Jahre Essen stellt sich quer

31. März 2021

Weitere Infos findet ihr bei ESSQ auf der Internetseite

Internationaler Tag gegen Rassismus

21. März 2021

Unser Redebeitrag bei der Kundgebung von Aufstehen gegen Rassismus Essen zum Internationalen Tag gegen Rassismus in Essen.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, liebe Freundinnen und Freunde,

ich spreche hier für die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, kurz VVN-BdA. Ich spreche auch als Angehörige einer Familie, die das schlimmste Ausmaß rassistischer Verbrechen erlitten hat, deren Angehörige in Auschwitz ermordet wurden. Sechs Millionen Jüdinnen und Juden industriemäßig vernichtet, wie Ungeziefer ausgerottet,
500 000 Menschen von deutschen Faschisten getötet, nur weil sie der Volksgruppe der Sinti und Roma angehörten.

Meine Eltern waren mit mir aus der Emigration 1946 nach Deutschland zurückgekehrt. Sie haben mit überlebenden Verfolgten des Naziregimes die VVN gegründet. Und sie waren voller Hoffnung, dass nach diesen unglaublichen Verbrechen in diesem Land Rassismus und Faschismus für immer verbannt wird, dass jeder Ansatz von Rassismus im Keim erstickt wird.

Wie ist es möglich, dass in einem Land mit einer so bitteren Geschichte wieder rassistische Verbrechen verübt werden können, wie es gegenüber Zuwanderinnen und Zuwandern in Hoyerswerder, Rostock, Mölln und Solingen geschehen ist, die rassistischen Morde durch die NSU, die Anschläge auf Asylunterkünfte. Einen Aufschrei hätte es geben müssen. Stattdessen ist es der offen rassistischen und nationalistischen Partei AfD gelungen, in allen Landes- und Bundestagsparlamenten einzuziehen. Alice Weigel kann von der Bundestagstribüne aus Hetze und Rassenhass befeuern, von Burkas, Kopftuchmädchen. alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichts sprechen oder Alexander Gauland vom Vogelschiss der Geschichte.

Struktureller Rassismus drückt sich auch aus, wenn ein Bundesinnenminister erklärt, die Migration sei die „Mutter aller Probleme“. Wir sprechen über andauerndes Racial Profiling durch die Polizei. Wir sprechen über unglaublich rassistischen und menschenverachtenden Chats, die sich Chatgruppen innerhalb der Essener/Mülheimer Polizei austauschen. Wir sprechen über anlasslose Razzien bei migrantischen Betreibern von Shishabars und Barber-Shops. gern begleitet von den Medien. So werden migrantische Gruppen unter Generalverdacht gestellt. So entsteht ein Klima, das im schlimmsten Fall Anschläge und Morde wie in Hanau und in Halle mit verantwortet.

Sogar Innenminister Seehofer kommt gegenwärtig nicht umhin, von der größten Gefahr durch die extrem Rechten zu sprechen. Doch ausgerechnet diejenigen, die dieser Gefahr begegnen, die aufklären, die sich den Rassisten entgegenstellen, werden diskriminiert und kriminalisiert. Das erleben wir in Steele bei Protesten gegen die rechte Szene. In Niedersachsen prüft Innenminister Pistorius ein Verbot der Antifa, um nur einige Beispiele zu nennen.

Unserer Vereinigung, der VVN-BdA, die älteste Organisation der Bundesrepublik in der Tradition des Antifaschismus, wurde die Gemeinnützigkeit entzogen. Esther Bejarano, Auschwitzüberlebende und Ehrenmitglied der VVN-BdA, schreibt: „Das Haus brennt, und sie sperren die Feuerwehr aus … Nie habe ich mir vorstellen können, dass die Gemeinnützigkeit unserer Arbeit angezweifelt oder uns abgesprochen werden könnte!“ schreibt sie und „Kann es denn eine gemeinnützigere Aufgabe geben, als sich gegen den Faschismus zu stellen?“

Und trotz alledem, es macht uns viel Mut, dass es eine starke Bewegung gegen Rassismus international und auch in unserer Stadt gibt, getragen besonders von vielen jungen Menschen. Dafür steht auch die heutige Kundgebung. Danke an Aufstehen gegen Rassismus.

Ich möchte noch auf eine weitere Aktion aufmerksam machen. Gemeinsam mit mehreren Organisationen wollen wir den 8. Mai, den Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg, feierlich begehen. Es ist wieder Esther Bejarano, die fordert, der 8. Mai, soll gesetzlicher Feiertag werden. „Am 8. Mai wäre dann Gelegenheit, über die großen Hoffnungen der Menschheit nachzudenken: Über Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – und Schwesterlichkeit.“ 

Internationaler Frauentag

8. März 2021

Überall auf der Welt feiern Frauen diesen Tag als Kampf für ihre Rechte in einer demokratischen Gesellschaft. Das ist seit 100 Jahren so. Als sich jedoch in den 30iger Jahren des vorigen Jahrhunderts antidemokratische Strukturen breitmachten, versuchten sie an der Seite ihrer Männer auch den aufkommenden Faschismus zu bekämpfen. Als dies leider nicht gelang, stellten sie den Kampf jedoch nicht ein. Auch hier bei uns in Essen gab es viele mutige Frauen, die sich unter Lebensgefahr den Nazis widersetzten.

Anna Teschner wurde 2 x verhaftet, ging in die Emigration, wurde dann nach Deutschland ausgeliefert, war 2 ½ Jahre im Gefängnis und kam dann ins Frauen-KZ Ravensbrück. Auf dem Transport dorthin erfuhr sie, dass ihr Mann hingerichtet worden war. Bis zur Befreiung durchlitt Anna Teschner das Konzentrationslager Ravensbrück.

Sophie Wozniakowski wurde direkt 1933 verhaftet. Nach kurzer Freiheit erneute Verhaftung und wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu 2 ½ Jahren Zuchthaus verurteilt. Anschließend Inhaftierung im KZ Lichtenburg.

Marie Wommer hielt sich nicht an das Verbot mit Kriegsgefangenen zu sprechen und wurde dafür zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt. Wegen dieser Strafe verlor sie zuerst ihre Arbeit bei er Firma Krupp und später die Arbeit als Briefträgerin.

Hanna Ufer wurde bei ihrer Verhaftung dermaßen von der SA geschlagen, dass sie ein bleibendes Hüftleiden und eine schwere Nierenerkrankung erlitt.

Diese Frauen sollten uns ein Vorbild sein, für ihr unerschrockenen Engagement gegen den Faschismus.

Aber ganz besonders gilt heute unsere Erinnerung an die Essenerin Käthe Larsch.

(Foto aus “Lichter in der Finsternis“ von Ernst Schmidt)

Sie wohnte in Essen-Stoppenberg und war Mutter von 4 Kindern. Zusammen mit ihrem Mann klärte sie die Leute bereits vor 1933 über die Ziele des Faschismus auf. Nach der Machtübertragung an die Faschisten ging daher ihr Mann in die Illegalität. Käthe Larsch stellte ihren Widerstand jedoch nicht ein. In ihrer Wohnung fanden weiter illegale Treffen statt und sie stellte auch Flugblätter her, die sie dann in ganz Essen verteilte. Der Gestapo blieb dies nicht verborgen und sie wurde im Mai 1935 verhaftet. Ihre 4 Kinder brachte man „von Amts wegen“ in eine Weisenhaus in Essen-Frohnhausen. Bis zum Kriegsende mussten sie dort bleiben. Ständige Schikanen, erbarmungslose Prügel in einer lieblosen Umgebung für das „dreckige Kommunistenpack.“ Die Torturen endeten erst, als nach der Befreiung vom Faschismus und Entlassung aus dem KZ der Vater seine Kinder wieder abholen konnte.

Käthe Larsch wollte man mit roher Gewalt dazu zwingen, Aussagen vorzunehmen. Da jedoch die spärlichen Aussagen nichts brachten, steigerte dies die Wut der Vernehmungsbeamten. Aus der Gestapo-Akte ist ersichtlich, dass die letzte der vielen Vernehmungen 3 Tage nach ihrer Verhaftung stattfand. Das Protokoll ist mit zittriger Hand von Käthe Larsch unterschrieben. Die fast ununterbrochenen Vernehmungen und Folterungen waren zu viel für die 33-jährige Frau. Völlig zusammengebrochen und geistig verwirrt, wurde sie in die Krankenabteilung des Essener Untersuchungsgefängnisses eingeliefert. Ein Arzt bescheinigte: „Die am 22. Mai 1935 hier eingelieferte Larsch zeigt Erscheinungen von geistiger Verwirrung, Desorientiertheit, Personenverkennung, Zerstörungswut, Schlaflosigkeit, starke Unruhe. Sie bedarf einer Verwahung in einer geschlossenen Nervenklinik. Am 27. Mai erfolgte die Überweisung in die Heil- und Pflegeanstalt Grafenberg. Aber selbst dort versuchte man der verwirrten Frau noch Fragen zu stellen, die im Zusammenhang mit ihrer Verhaftung standen. Unter dem Datum 29. Mai 1935 wird festgehalten: sehr blasse Gesichtsfarbe, Atmung und Puls fliegend und unregelmäßig, setzt zeitweilig aus. Temperatur über 42 Grad. Bekam 2 Einspritzungen. Um 5 Uhr an Herz- schlag gestorben. Ob die Spritzen den Tod herbeiführten konnte man nach dem Krieg nicht mehr klären, aber in Grafenberg gab es viele dieser Fälle (Die Akte Larsch fand man nach dem Krieg in Grafenberg)

Dies ist das Schicksal einer Frau im Faschismus, das sich hier in Essen zugetragen hat. Aber leider nimmt die Geschichte einen weiteren unrühmlichen Verlauf. Im Neubaugebiet „Grüne Mitte Essen“ in der Nähe des Berliner Platz sollte eine kleine Straße nach Käthe Larsch genannt werden. Ein Mitglied der “Grünen“ hatte den Vorschlag in die Bezirksvertretung eingebracht. CDU, FDP und Bürgerbündnis protestierten heftig dagegen, eine Straße nach einer Kommunistin zu benennen. Auch die Funke Medien Gruppe in Essen beteiligte sich mit diffamierenden Äußerungen über Käthe Larsch. Mit der Mehrheit von Grünen, SPD und Linken wurde der Namensvorschlag durchgesetzt. Was jedoch beschämend ist, dass das Altenheim der GSE, das zur AWO-Organisation gehört, und nach dem SPD- Ratsherr Peter Reise benannt ist, auf keinen Fall die Adressanschrift einer Kommunistin haben durfte. So ergibt sich das ungewöhnliche Konstrukt an diese kleinen Straße: auf der einen Straßenseite Käthe-Larsch-Str. und auf der anderen Straßenseite das Schild Friedrich-Ebert-Straße.

Wie viele Nazigrößen sind in unserer Bundesrepublik Deutschland nach dem Krieg zu Amt und Würden gekommen? Und heute noch gibt es in unserem Land und leider auch in unserer Stadt Ewiggestrige, die dem Weltbild der Nazis anhängen. Danach sollen Frauen heute noch auf eine rückwärtsgewandte Rolle festgelegt werden. Sie sollen sich lediglich auf die Versorgung der Familie und die Versorgung der Kinder, die vor allem deutschstämmig sein sollen, beschränken. Wenn wir heute zum Internationalen Frauentag an solche mutigen Frauen erinnern, dann deshalb, weil sie unsere Leitbilder, unsere Vorbilder sind. Weil sie Widerstand geleistet haben für eine Welt ohne Krieg und für die Gleichberechtigung. Sie leisteten Widerstand in einer Zeit, in der sie alles riskiert haben, sogar ihr Leben. Dass es nie wieder soweit kommt, dafür stehen wir heute ein. Nicht wegzuschauen und das rechtzeitig, wenn Unrecht nicht nur einzelne Menschenleben zerstört, sondern auch Einfluss auf die gesamte Menschheit hat. Wir Frauen setzen uns heute für unsere grundgesetzlich verankerten Rechte ein. Paragraph 3 unseres Grundgesetzes;

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Und dafür kämpfen wir! Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!

nächste Veranstaltung im März – 20 Jahre Essen stellt sich quer

28. Februar 2021

Weitere Infos findet ihr bei ESSQ auf der Internetseite.

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